Die neue künstlerische Leitung stellt Ausstellungsprogramm vor

Neue Sichtbarkeit für die Kunsthalle Wien

Michelle Cotton, Foto: Kunsthalle Wien

Die neue künstlerische Leiterin der Kunsthalle Wien, Michelle Cotton, ist nun offiziell in Wien angekommen und stellte gestern bei ihrer Antrittspressekonferenz ihre Pläne für die Kunsthalle Wien vor.


 

Die Stadt bewegt sich und sie bewegt sich rasant.

Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler

- und das vor allem im Feld der Kunst, so Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler. Michelle Cottons Ideen für die Kunsthalle Wien hätten sich auch mit ihrer Vorstellung für ein lebendiges und vor allem produzierendes Haus getroffen und so hieß sie Michelle Cotton herzlich in Wien willkommen. Es gehe nun vor allem um Vernetzungsarbeit, unter anderem mit der Wiener Secession, aber auch zu anderen Kulturprojekten und auch mit der Stadt per se, in der die Kunsthalle Wien, so Kaup-Haslers Wunsch, in den folgenden Jahren wieder stärker präsent sein soll.  

Neue Sichtbarkeit


Die Wahrnehmung der Kunsthalle Wien ist eines ihrer Hauptprobleme, weiß auch Michelle Cotton, deren Pläne sowohl ambitioniert, aber auch wohltuende pragmatisch sind. Hier stand keine Starkuratorin am Podium, sondern jemand der um die Kunstarbeit, ihre Herausforderungen, aber auch ihre Wirkkraft weiß und auf eine langjährige Erfahrung aufbauen kann. Wien hat, so ist Cotton überzeugt, ein großes Potenzial und ist für viele Künstler:innen ein guter Platz, um zu leben und zu arbeiten. Das stelle eine enorme Basis dar, auf die es aufzubauen gilt. Seit sechs Wochen ist sie in Wien, hat jedoch noch während des letzten Jahres bereits viele Stakeholder aus der Kunstszene getroffen, war in Ateliers und hätte versucht, sich einen Einblick in die Wiener Kunstszene zu verschaffen – ein positiver und sympathischer Ansatz und – leider nicht selbstverständlich. Vernetzung, Auftragsarbeiten oder Co-Commissions mit anderen Institutionen sind das Ziel für die Kunsthalle, wie sie betont. Ebenso fallen übliche Schlagworte, wie die Institution für eine größere Zielgruppe öffnen, sie zu einem lebendigen Ort machen, für Diskurse öffnen und ein diverses Publikum ansprechen, dass die vielfältigen Communities der Stadt ansprechen soll. 

Veronika Kaup-Hasler & Michelle Cotton, Foto: PARNASS

Veronika Kaup-Hasler & Michelle Cotton, Foto: PARNASS

Doch Cotton betont, dass sie weiß, dass all diese Vorhaben nicht allein durch ein Ausstellungsprogramm gelingen können, sondern neben dem persönlichen Engagement, eine Vielzahl von Aktivitäten dazu lanciert und etabliert werden müssen. „When you want to find a new audience who have to meet them where they are.“  , kündigt Cotton ihr Outreach-Vorhaben an. Der Fokus liegt daher auch auf Vermittlungs- und Inklusionsprogrammen, die sie noch dieses Jahr starten möchte. Neben Gesprächen, Workshops und Aktivitäten für Kinder, Jugendliche, Familien und Schulen werden Inklusionsprogramme in Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen wie Hunger auf Kunst, WAFF, Kultur.Transfer verstärkt in den Fokus gerückt. Interessant ist dabei auch ihr Punkt, Ausstellungsinformationen in leichter Sprache anzubieten.

Umbau am Karlsplatz und im MQ

Der etwas unglückliche Eingang unter der Stiege des mumok (sic!) wird wieder rückverlegt und prominenter sichtbar sein. Der frei werdende Raum soll noch dieses Jahr als neues Atelier für Bildungs- und Vermittlungsprogramme eröffnet werden – als barrierefreier, vielseitiger Raum für Kreativität. Ebenso wird im Herbst am Karlsplatz umgebaut und die Räumlichkeiten erweitert, in dem das Café verkleinert und der Eingang verändert wird, um einen besseren Zugang und bessere Sichtbarkeit zu schaffen. Die Kunsthalle Wien I Karlsplatz bleibt daher bis Jänner 2025 geschlossen und mit der zehnten Ausgabe des Kunsthalle Wien Preises wiedereröffnet.

Michelle Cotton, Foto: Kunsthalle Wien

Michelle Cotton, Foto: Kunsthalle Wien

Ausstellungsprogramm


Cotton versteht die Kunsthalle Wien vorwiegend wieder als Produktionshaus und plant eine Reihe von Einzel- und Themenausstellungen mit internationalen Künstler:innen – auch um eine Vernetzung mit der österreichischen Kunstszene zu ermöglichen, aber auch mit dem Publikum. Die Kunsthalle als Plattform des Meet & Greet sozusagen. Eine nur allzu willkommenen einladende Geste, wenn sie gelingt. Das neue Programm beginnt im Herbst mit der Präsentation der ersten Einzelausstellung von Aleksandra Domanović und Diego Marcon in Österreich. Aleksandra Domanović (*1981 Novi Sad) studierte an der Universität für angewandte Kunst und reüssierte in internationalen Ausstellung. Für die Ausstellung von Diego Marcon wird die Ausstellungshalle im Erdgeschoss der Kunsthalle Wien Museumsquartier für die Präsentation von „La Gola“ (2024) umgestaltet, einem neuen Film, der in Zusammenarbeit mit dem Centre d'Art Contemporain Genève und dem Kunstverein in Hamburg ermöglicht wurde.

Ausstellungsansicht: Aleksandra Domanović, Things to Come, 2014, Gallery of Modern Art, Glasgow International, Glasgow, 4. April – 1. Juni 2014, Courtesy die Künstlerin und Glasgow International, Foto: Alan McAteer

Ausstellungsansicht: Aleksandra Domanović, Things to Come, 2014, Gallery of Modern Art, Glasgow International, Glasgow, 4. April – 1. Juni 2014, Courtesy die Künstlerin und Glasgow International, Foto: Alan McAteer 

Das Programm wird durch eine Reihe von forschungsbasierten Gruppenausstellungen ergänzt. Die erste davon, „Radical Software: Women, Art & Computing 1960–1991“ wird im Jahr 2025 eröffnet und zeigt die Entwicklung der digitalen Kunst aus weiblicher Sicht. Ein durchaus interessanter Ansatz, auf den man gespannt sein kann. Hier kommt Cotton ihre frühere Arbeit als Kuratorin im MUDAM zugute und so kann die Ausstellung und die Publikation gemeinsam mit dem MUDAM Musée d'Art Moderne Grand-Duc Jean, Luxemburg realisiert werden. Auf die Frage, wie es mit der Sichtbarkeit der österreichischen Kunstszene steht, stellt Cotton eine große Ausstellung über die zeitgenössische Kunstproduktion in Wien 2026 in Aussicht.

Auftragswerke für den Außenbereich

Die Kunsthalle Wien gibt zukünftig jährlich ein temporäres, ortsspezifisches Kunstwerk für den Außenbereich des Museumsquartiers in Auftrag. Nora Turato wurde als erste damit beauftragt, ein Werk zu schaffen, das ein Jahr lang zu sehen sein wird. Allerdings wird es nicht ins MQ strahlen, sondern an der südwestlichen Wand des Gebäudes angebracht – wie weit hier die Sichtbarkeit gegeben ist, ist noch offen.

Insgesamt scheint das Programm den Schwerpunkt auf kooperatives Handeln und Gestalten zu legen und Cotton durchaus in Wien angekommen zu sein, bemüht und neugierig darauf, sich in der Stadt zu vernetzen, auf die Menschen zuzugehen und offen zu sein, neue Wege zu gehen. Sie selbst sagt abschließend

Nora Turato, eeeexactlyyy my point, 2021, Ausstellungsansicht “Post-Capital: Art and the Economics of the Digital Age”, Kunsthal Charlottenborg, Kopenhagen, Courtesy die Künstlerin, Galerie Gregor Staiger, Zürich und LambdaLambdaLambda, Prishtina, Foto: David Stjernholm

Nora Turato, eeeexactlyyy my point, 2021, Ausstellungsansicht “Post-Capital: Art and the Economics of the Digital Age”, Kunsthal Charlottenborg, Kopenhagen, Courtesy die Künstlerin, Galerie Gregor Staiger, Zürich und LambdaLambdaLambda, Prishtina, Foto: David Stjernholm

Ich fühle mich privilegiert, in dieser großartigen Stadt arbeiten zu dürfen.

Und die Stadt scheint sie – so die allgemeine Stimmung in der Szene – auch willkommen zu heißen.

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