Ein mutiges Layout und frischer Fokus

FRIEZE London 2024

In einer Kunstwelt, die von gemischten Vorzeichen geprägt ist, hatte die diesjährige FRIEZE in London eine besondere Erwartungshaltung zu tragen: Nach dem nur mäßigen Erfolg der Art Basel im Frühjahr schauten viele gespannt auf die erste große Kunstmesse des Herbstes. Umso erstaunlicher ist das Ergebnis: Kaum jemand verließ die Messe unzufrieden. Sowohl große als auch kleine Galerien zeigten sich durchaus begeistert – und das lag nicht nur an den Verkäufen, die überraschend gut ausfielen. Die eigentliche Innovation fand in der Struktur der Messe statt.


 

Ein mutiges, neues Layout sorgte für Aufsehen

Das diesjährige Highlight der FRIEZE London war nicht nur bei den Galerien und den gezeigten Arbeiten zu finden, sondern in der Art und Weise, wie diese präsentiert wurden. Die kleineren und mittleren Galerien, die oft im Schatten der großen Marktführer stehen, wurden diesmal im vorderen Teil der Messe positioniert, während die Platzhirsche, darunter die üblichen Verdächtigen wie David Zwirner, Hauser & Wirth, Thaddaeus Ropac und Gagosian, in den hinteren Bereich verlagert wurden.

Diese Entscheidung war riskant, doch die Resonanz spricht für sich. Plötzlich bekamen die Galerien, die sonst oft übersehen werden, den Raum und die Sichtbarkeit, die sie verdienten. Der vordere Bereich der Messe fühlte sich dynamischer und lebendiger an und die Besucher:innen konnten in Ruhe entdecken und sich auf weniger bekannte künstlerische Positionen einlassen.

 

Harlesden High Street, Frieze London 2024, Foto: Linda Nylind, Courtesy of Frieze and Linda Nylind

Das neue Layout wirkt geräumiger und verbessert den Ablauf der Messe. Wir waren damit sehr zufrieden. Es ist großartig, die kleineren Galerien im vorderen Bereich zu positionieren, um ihnen mehr Präsenz zu verleihen.

Thaddaeus Ropac, dessen Galerie seit Jahren zu den großen internationalen Playern zählt

 

SCHEINWERFER AUF DEN NACHWUCHS

Eine weitere beachtenswerte Neuerung war die erstmalige „Artist-to-Artist“-Sektion, die herausragende Positionen aufstrebender Künstler:innen ins Rampenlicht rückte. Hier wurde einmal mehr klar, dass die FRIEZE London nicht nur eine Verkaufsmesse ist, sondern auch eine Plattform, die neue Stimmen in der Kunstwelt fördert und etabliert, was ja die ursprüngliche Stärke der Messe war.

Besonders hervor stach Nengi Omuku, eine in Nigeria geborene Künstlerin, die von Yinka Shonibare für diese besondere Sektion nominiert wurde. Ihre Werke, die sich durch ihre romantischen, fast impressionistischen Landschaften auszeichnen und Ihre malerischen Visionen von Mensch und Natur,  zogen viel Aufmerksamkeit auf sich und bestätigten die Bedeutung dieser neuen Sektion.

Artist-to-artist, Magda Stawarska selected by Lubaina Himid, Yamamoto Keiko Rochaix, Frieze London 2024, Foto: Linda Nylind, Courtesy of Frieze and Linda Nylind

Das zentrale Thema der FRIEZE London ist und bleibt aber der Verkauf. Und auch hier behauptet sich die Messe. Galerien wie Stephen Friedman, die Werke von Clare Woods zeigten, meldeten bereits am ersten Tag ausverkaufte Stände. Victoria Al-Din von der aufstrebenden Londoner Seventeen Gallery: „Wir hatten eine gute Messe, was die Verkäufe betrifft. Wir haben schon am ersten Tag viel verkauft und wir haben noch einige Reservierungen. Am Wochenende kommen, anders als in Basel, viele Leute, die nicht aus der Kunstszene stammen.“

Dieser Optimismus steht im starken Kontrast zur etwas trüben Stimmung nach der Art Basel im Frühjahr und des unsicheren wirtschaftlichen Klimas. Dass die Galerien ihre besten Werke mit zur Messe brachten, um mit musealen Spitzenwerken zu punkten, zeigt einerseits den hohen Stellenwert der FRIEZE, andererseits die Bedeutung der Messe als wichtige Verkaufsplattform in unsicheren Zeiten. Denn trotz der positiven Stimmung in London schwebt ein Schatten über der diesjährigen Kunstmesse: Paris. Erstmals findet heuer die Pariser Kunstmesse im Rahmen der Art Basel statt, was die Konkurrenz zwischen den beiden Messen verschärft.

Patron, Frieze London 2024, Foto: Linda Nylind, Courtesy of Frieze and Linda Nylind

Um den Standort Paris noch attraktiver zu machen, hat Frankreich die Mehrwertsteuer auf Kunstwerke auf 5,5 Prozent gesenkt. Diese Maßnahme wird zweifellos den französischen Markt ankurbeln, was die Position Londons langfristig schwächen könnte.

Eine zusätzliche Veränderung, die die Kaufkraft in London beeinflusst haben könnte sind die jüngst gesunkenen Zinsen. Diese Veränderung könnte den Kunstmarkt wieder attraktiver machen, da Investor:innen sich zunehmend auf Kunst als Kapitalanlage konzentrieren. Die Verkäufe heuer auf der FRIEZE lassen vermuten, dass sich Kunst weiterhin als „Asset“ etabliert. Dass Galerien gezielt ihre besten Werke präsentieren und Sammler:innen bereit sind, für herausragende Kunstwerke tief in die Tasche zu greifen, könnte darauf hindeuten, dass Kunst zunehmend nicht nur als kultureller Wert, sondern auch als lukratives Anlageinstrument wahrgenommen wird.

Frieze London 2024, Foto: Linda Nylind, Courtesy of Frieze and Linda Nylind

1-54 Contemporary African Art Fair

Parallel zur FRIEZE wurde die 1-54 Contemporary African Art Fair im historischen Somerset House veranstaltet, einem prächtigen neoklassizistischen Gebäude am Ufer der Themse, das ursprünglich im 18. Jahrhundert als königliche Residenz erbaut wurde und sich über die Jahre zu einem kulturellen Zentrum entwickelt hat. Die Wahl dieses Ortes für die 1-54, die mittlerweile zu einer festen Größe im internationalen Kunstkalender gehört, unterstreicht die Bedeutung, die afrikanische Kunst zunehmend im internationalen Kunstmarkt einnimmt. Dieser Anstieg des Interesses an afrikanischer Kunst spiegelt die wachsende Relevanz des afrikanischen Kontinents im globalen Kunstmarkt wider, und das gesellschaftliche Bedürfnis nach Diversität und neuen Perspektiven in einer oft saturierten Kunstszene.  Sadie Sherman, Direktorin der TAFETA Gallery brachte es auf den Punkt: „Es ist verrückt. Die Nachfrage ist überwältigend.“

Lehmann Maupin, Frieze London 2024, Foto: Linda Nylind, Courtesy of Frieze and Linda Nylind

DIE FRÜCHTE DES WANDELS

Insgesamt lässt sich sagen, dass die FRIEZE London als Erfolg verbucht werden kann – sowohl aufgrund der starken Verkäufe, als auch wegen ihres mutigen, neuen Formats. Die Messe hat bewiesen, dass sie nach wie vor eine der wichtigsten Plattformen für zeitgenössische Kunst weltweit ist, dass sie bereit ist, Risiken einzugehen und sich zu erneuern. London bleibt – zumindest für dieses Jahr – ein Zentrum der Kunstwelt.

Die Frage ist, ob sich die FRIEZE angesichts der zunehmenden Konkurrenz behaupten kann – und ob der Brexit den Kunsthandel zusätzlich belasten wird. Doch eines ist sicher: Die Kunstszene liebt London, und die FRIEZE hat dieses Jahr einmal mehr gezeigt, warum das so ist.

Frieze London 2024, Foto: Linda Nylind, Courtesy of Frieze and Linda Nylind

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